Drei Masterstudierende haben im Rahmen eines Projektseminars unter der Leitung von Professor Rudi Zagst und Doktorand Tobias Lausser eine innovative Softwarelösung zur ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Nutzung kirchlicher Immobilien entwickelt.
Das Projekt des Lehrstuhls für Finanzmathematik der TUM School of Computation, Information and Technology entstand gemeinsam mit den katholischen Kirchengemeinden St. Maria Suso und Söflingen in Ulm im Rahmen der Initiative „Räume – Kirche – Zukunft“.
Wandel als Herausforderung und Chance
Kirchengemeinden in Deutschland stehen vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. Viele Gebäude im Besitz der Kirche sind energetisch veraltet, wenig genutzt und verursachen hohe Betriebskosten. Eine strategische Neuausrichtung ist erforderlich, um diesen Entwicklungen zu begegnen.
Ziel des Projekts war es, eine datengestützte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, um diese Herausforderungen anzugehen und die Kirchengemeinden bei einer zukunftsfähigen Immobilienplanung zu unterstützen.
Datenbasierte Szenarien-Planung
Die entwickelte Lösung kombiniert ein Python-basiertes Analysemodul mit einer interaktiven Ansicht in der Datenvisualisierungsplattform Microsoft Power BI. Im Kern steht ein mathematisches Optimierungsmodell (Mixed-Integer Linear Programming), das verschiedene Transformationsszenarien für kirchliche Gebäude generiert und hinsichtlich Kosten, Raumauslastung und Klimawirkung bewertet. Die modulare Architektur der Software erlaubt eine flexible Anpassung an neue Daten, Gebäude oder Nutzungskonzepte und unterstützt damit einen iterativen Planungsprozess unter Unsicherheit.
Wird etwa eine Kernsanierung und Neugestaltung eines Gemeindezentrums geplant, ist es Ziel, den Raumbedarf in der Gemeinde möglichst optimal abzudecken. Dabei gibt es verschiedene Optionen, den Bau zu realisieren. Sie unterscheiden sich in Energieeffizienz, Größe und Flexibilität der Räume. Manche Entwürfe sehen auch vor, Räume an eine Jugendorganisation oder den benachbarten Kindergarten zu vermieten. Die Software vergleicht die verschiedenen Varianten und zeigt, wie sie sich bei Nachhaltigkeit, Kosten und Raumnutzung unterscheiden.
Zwei Gemeinden, vier Gebäude, neun Szenarien
In der Fallstudie wurden für vier Gebäude in zwei Ulmer Kirchengemeinden insgesamt neun Transformationsszenarien entwickelt. Die Ergebnisse zeigen:
- Bis zu 26 % Einsparung bei laufenden Kosten
- Mindestens 97 % aller Veranstaltungen bleiben in jedem Szenario durchführbar
- Amortisierung initialer Kosten je nach Szenario nach 0 bis 49 Jahren
Als besonders vorteilhaft erwiesen sich drei Szenarien, die eine ausgewogene Kombination aus Wirtschaftlichkeit, Raumauslastung und Klimafreundlichkeit bieten.
Zukunftsfähige Raumnutzung
Das Projekt der Studierenden des Masterstudiengangs Finance and Information Management (FIM) zeigt, wie datenbasierte Entscheidungsprozesse konkrete Handlungsspielräume für Kirchengemeinden eröffnen. Die entwickelte Methodik ist nicht auf die betrachteten Gemeinden beschränkt, sondern lässt sich auch auf andere kirchliche Kontexte mit ähnlichen Herausforderungen übertragen. Damit leistet es einen Beitrag zur nachhaltigen Transformation kirchlicher Infrastruktur – im Sinne von Gemeinwohl, Klimaschutz und zukunftsfähiger Raumnutzung.